Die Mutmaßungen überschlagen sich: Von ganzen Hacker-Ringen wird gesprochen, von Geheimdiensten bis hin zu Einzeltätern – Die Hackingattacke auf Politiker und Prominente sorgt für viele Spekulationen und birgt Fragen: Wer steckt dahinter? Sind es organisierte Kriminelle? Müssen auch normale BürgerInnen jetzt mit dem Ausspähen ihrer Daten rechnen?
Prof. Norbert Pohlmann, Leiter des Instituts für Internet-Sicherheit – if(is), hat das Geschehen akribisch verfolgt und versucht, die Lage einzuordnen. Im Interview mit dem stern vermutet der IT-Sicherheitsexperte, dass der jüngste Hack keine echter politischer Angriff sei: „Ich glaube nicht, dass es eine politische Attacke war. Kein Geheimdienst der Russen, Amerikaner oder Chinesen würde das anschließend veröffentlichen.“
Anhand der Außendarstellung vermutet der Informatiker eher eine Machtdemonstration: „Hier möchte jemand zeigen, dass Politiker angreifbar sind, dass auf ihre Rechner zugegriffen werden kann.“ Dafür spreche auch, dass vor allem private Informationen ins Netz gestellt wurden. Das wirke mehr wie „die Tat eines klassischen Hackers“. So jemand wolle lediglich zeigen, dass er Zugriff habe, dass er es kann. Womöglich wolle dieser auch „aufzeigen, dass wir mehr tun müssen, um unsere Daten zu sichern“, so Pohlmann weiter. Und letzteres, weiß Experte Pohlmann schon seit vielen Jahren, sei auch absolut zutreffend: Auf unzähligen Kongressen und Treffen plädiert Prof. Norbert Pohlmann regelmäßig für einen Paradigmenwechsel in der IT-Sicherheit: Es gelte nicht mehr, den Schwachstellen nachzulaufen und erst bei Schäden zu reagieren. Viel mehr sei es entscheidend proaktiv zu handeln, bestehende Programme zur Prävention zu nutzen und endlich einen Schulterschluss zwischen Herstellern, Politikern und Wissenschaft zu erzielen. Genau so essenziell sei der sensible Umgang mit Daten, private Einblicke hätten laut dem Informatiker im Netz einfach nichts zu suchen.
Beim aktuellen Fall vermutet der Gelsenkirchener Professor, sei wohl direkt auf die Rechner der Nutzer zugegriffen worden: Es handelt sich vorwiegend um private Informationen der einzelnen Politiker. Dies spreche dafür, dass „offenbar kein Server angegriffen“ wurde, so Pohlmann. „Hier hat jemand direkt auf die Rechner der Politiker zugegriffen. Das funktioniert mit einer Trojaner-Software, die auf das Notebook gespielt wird“, verdeutlicht er. Womöglich griffen die Täter so auf mehrere Rechner von Bundestagsabgeordneten zu, griffen dort zahlreiche Informationen ab, die dann schließlich veröffentlicht wurden. Mit „Hochdruck“ arbeiten derzeit die Ermittlungsbehörden, um die Verantwortlichen ausfindig zu machen. Doch das, so weiß Prof. Pohlmann, werde schwierig, da die Hacker sehr gut darin sind, kaum bis gar keine Spuren zu hinterlassen.
Das gesamte stern-Interview gibt es unter: https://www.stern.de/digital/online/datenklau-im-bundestag–ein-it-experte-erklaert–wie-die-taeter-vorgingen-8516652.html
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